An Christoph Scharf
Regionalredaktion der Sächsichen Zeitung
Riesa,
den 12.01.2010, 10.45 Uhr
Foto: Uta Knebel |
Sehr geehrter Herr Christoph Scharf,
Sie fragen in Ihrem Kommentar: "Schreibt man die AfD
erst groß? Oder ihre Gegner?".
Aus meiner Sicht stellen sich die zweite Fragen nicht. Denn
mit der Berichterstattung wird Angst vor Linksradikalismus erzeugt, aber nicht
aufgezeigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Parteien mit linken
Inhalten und dem Linksradikalismus gibt. Es wird eine Angst gegen die
Gegenakteure geschürt und ihnen eine Verantwortung aufgebürdet, die sie
ursächlich nicht zu verantworten haben.
Die Angst vor Randalen scheint auch nicht unberechtigt,
schaut man sich die Ausschreitungen zu Bundesparteitagen an anderen Orten an.
Nur wer hat die Entscheidung für die Ausführung des Bundesparteitages getroffen
und dabei billigend in Kauf genommen, dass man extreme Kräfte nach Riesa
"einlädt"? Fanden die letzten Parteitage der AfD in Köln ( ca. 1 Mio
Einwohner) Magdeburg (ca. 240.000 Einwohner) und Aschaffenburg (ca. 300.000
Einwohner) statt, ist nun eine Stadt mit ca. 30.000 Einwohnern mit möglichen
negativen Randerscheinungen konfrontiert. Ist das Verantwortung gegenüber der
Bevölkerung? Oder zählten hier die Einnahmen vor allem in den Städtischen
Gesellschaften mehr, als die Sicherheit der Menschen? Logisch, dass damit die
Auswirkungen auf das Leben in der Stadt erheblich sein werden. Haben das die
Entscheidungsträger im Vorfeld nicht gewusst oder beachtet? Der
"Zauberlehrling" lässt grüßen: "Die Geister, die ich (die FVG
mbH - Aufsichtsratsvorsitzender Marco Müller) rief, werd ich nun nicht
los.".
Foto: Uta Knebel |
Sind 33 Prozent ähnlich so viel wie 67 Prozent? Wohl eher
nicht! Sie haben viel Kraft auf mögliche Ausschreitungen in Ihrer
Berichterstattung gelegt. Und die angeblichen Schuldigen wurden den Lesern
schon mal präsentiert. Und die stehen links! Es wurde wieder mal die Wirkung
und nicht die Ursache beleuchtet.
Wo waren die Beiträge zu den Veranstaltungen, vorbereitet
durch den Riesaer Appell und dem Bündnis "AfD?-Adé"? Leider waren
keine Pressevertreter am Dienstag in den Lesungen und Diskussionsrunden mit
Olaf Sundermeyer bzw. Mosler und am Freitag mit Michael Bittner. Die
inhaltliche Auseinandersetzung mit den menscheinfeindlichen und rechten
Ansätzen in der AfD fand in Ihrer Berichterstattung nicht statt. Warum?
Immerhin sind zu diesen Veranstaltungen viele Menschen gekommen, die sich
friedlich und kritisch mit den Inhalten der tagenden Partei auseinandersetzen,
die das rechte "Gedankengut" salonfähig zu machen scheint.
Warum wurde durch Sie nicht sofort klar gestellt, dass das
Konzert am Samstag schon immer in einem Festzelt auf dem Gelände und nicht im
Offenen Jugendhaus geplant ist? Diese Information lag Ihnen seit Montag vor.
Warum wird trotzdem diese "Variante" als Kompromiss durch Sie
aufgezeigt? Warum lassen Sie die Drohung gegen Outlaw durch die Stadtverwaltung
kommentarlos stehen? Wie kann Outlaw den Stadtratsbeschluss der Öffnung des
Offenen Jugendhauses für politisch motivierten Veranstaltungen umsetzen, wenn
der Mietvertrag nach der Beschlussfassung des Stadtrates nicht angepasst wurde?
Die Verantwortung dazu lag ja wohl bei der Stadtverwaltung und dabei in erster
Linie bei der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister. Versucht man auch
hier von eigenen Fehlern abzulenken?
Foto: Uta Knebel |
Wir haben im Vorfeld uns viele Gedanken gemacht und viel
Energie dafür verwendet, dass Riesa keine Wiederholung von Aschaffenburg werden
soll. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich ausdrücklich bei Ihnen für die
Veröffentlichung der Termine der geplanten Veranstaltungen, Aktionen und auch
die Darstellung unseres friedlichen Ansatzes. Dass die Möglichkeit von Randalen
besteht, dafür hat die Entscheidung zur Durchführung diese Parteitages geführt.
Dass die Ängste und die Wut dennoch verstärkt wurden und eine bestimmte Richtung
erfahren haben, dazu hat aus meiner Sicht auch die Art der Berichterstattung
keinen unwesentlichen Teil beigetragen. Gern würde ich mich dazu mit Ihnen in einem
persönlichen Gespräch verständigen und freue mich über einen Terminvorschlag
Ihrerseits.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Knebel
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